P. Steiner: Aargauer in der Pfalz

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Titel
Aargauer in der Pfalz. Die Auswanderung aus dem Berner Aargau nach dem Dreissigjährigen Krieg


Autor(en)
Steiner, Peter
Erschienen
Baden 2009: hier + jetzt, Verlag für Kultur und Geschichte
Anzahl Seiten
432 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Felix Müller

Thema des stattlichen Bandes ist die Auswanderung aus dem Berner Aargau, also den heutigen Aargauer Bezirken Aarau, Brugg, Kulm, Lenzburg und Zofingen, in die linksrheinische Pfalz. Der untersuchte Zeitraum umfasst gut ein Jahrhundert von 1648 bis 1750: Nach dem Dreissigjährigen Krieg war die Pfalz verwüstet und entvölkert, weshalb Zuwanderung erwünscht war und gefördert wurde. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts versiegte sie fast völlig.

Der Band umfasst drei Teile: Im ersten Teil schildert Steiner die Auswanderung allgemein und legt die Hintergründe, die Motive und Ziele dar. Er stellt frühere Wanderungsbewegungen vor, sowohl Einwanderung als auch Auswanderung, besonders während des Dreissigjährigen Kriegs, und gibt eine Übersicht der Auswanderung aus dem Aargau, namentlich im 17. Jahrhundert. Dies ohne Einschränkung, was die Zielorte betrifft.

Im zweiten Teil rückt die Auswanderung in die Pfalz seit 1648 in den Blick: Die Quellenlage ist sowohl im Aargau als auch in der Pfalz unbefriedigend, im Aargau geradezu schlecht. Die Pfalz war im Dreissigjährigen Krieg schwer verwüstet worden, manche Ortschaften ganz ausgestorben. Die Wiederbesiedlung nahm entsprechend Zeit in Anspruch, wobei weitere Kriegshandlungen zwischen 1672 und1697 den Wiederaufbau behinderten. Die Zuwanderung aus dem Aargau nahm nach 1720 deutlich ab. Offenbar waren die Bevölkerungsverluste wieder aufgeholt, das verwüstete Land wieder urbar gemacht. Seit den 1730er-Jahren kam es vermehrt zu Weiterwanderung in die nordamerikanischen Kolonien. Rückwanderung konnte Steiner hingegen nur vereinzelt feststellen. Beziehungen zur alten Heimat bestanden vermutlich in der Regel fort, dokumentiert sind aber fast ausschliesslich Bürgerrechts- und Vermögensfragen.

Den Hauptteil des Werks, über 220 Seiten, bildet die Liste der Auswanderer: 116 Familien und 549 Einzelpersonen. Die Einträge geben – soweit bekannt – die Herkunft, den Wohnort in der Pfalz, familiäre Beziehungen, Taufen, Eheschliessungen und Todesfälle, ausgeübte Ämter und in der Regel einen Kommentar. Diese detaillierte Liste wirkt auf den ersten Blick unnötig ausführlich – ein Steinbruch für Familienforscher. Aber sie zeigt deutlich die Schwierigkeiten der Identifikation bei unbefriedigender Quellenlage und unterschiedlichem Dialekt: Die Schweizer Namen wurden in der Pfalz häufig verändert niedergeschrieben, manchmal kaum mehr erkennbar. Nur dank den Quellen aus dem Berner Aargau und aus der Pfalz ist diese umfangreiche Liste möglich. Zudem erlaubt die Kombination von Quellen aus beiden Regionen eine genauere Aussage zum Zeitraum der Auswanderung: Zusammen ergeben sie ein Zeitfenster, während bei der Beschränkung auf die Herkunftsregion nur ein terminus post quem, auf die Zielregion nur ein terminus ante quem resultiert. Dagegen kann Steiner zeigen, dass über 30 Auswanderer sich erst nach einer Zwischenetappe in der Pfalz niederliessen. Manche von ihnen wurden schon in der Fremde geboren.

Selbstverständlich ist auch diese Arbeit nicht perfekt. So werden S. 111f. bei den Berufen ein Pfarrer und zahlreiche Schulmeister aufgeführt. Diese Zusammenführung wirkt etwas anachronistisch – im 17. und 18. Jahrhundert war Lehrer eine schlecht bezahlte, wenig geachtete, bloss saisonale Beschäftigung, Pfarrer hingegen ein respektiertes Amt mit gesichertem Einkommen. Schade ist, dass das Register nur den dritten Teil, die Auswandererliste, erschliesst. Dies um somehr, als die Orte im Berner Aargau sehr unterschiedlich zur Pfalzauswanderung beitrugen.

Steiner legt eine sehr solide Arbeit vor. Mit der Ausführlichkeit schafft er Transparenz, wie er zu seinen Ergebnissen kommt, und schärft so den Blick für die methodischen Probleme der frühneuzeitlichen Auswanderungsgeschichte.

Zitierweise:
Felix Müller: Rezension zu: Steiner Peter, Aargauer in der Pfalz. Die Auswanderung aus dem Berner Aargau nach dem Dreissigjährigen Krieg. Baden, hier + jetzt 2009. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 73 Nr. 2, 2011, S. 58-59.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 73 Nr. 2, 2011, S. 58-59.

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